Erste Lesung aus dem Buch Númeri. Num 11, 25–29
In jenen Tagen
25 kam der Herr in der Wolke herab und redete mit Mose.
Er nahm etwas von dem Geist, der auf ihm ruhte, und legte ihn auf die siebzig Ältesten.
Sobald der Geist auf ihnen ruhte, redeten sie prophetisch. Danach aber nicht mehr.
26 Zwei Männer aber waren im Lager geblieben;
der eine hieß Eldad (von Gott geliebt–39 = JHWH Einziger), der andere Medad (58= JHWHs Herrlichkeit)
Auch über sie kam der Geist. Sie gehörten zu den Aufgezeichneten,
waren aber nicht zum Offenbarungszelt hinausgegangen.
Auch sie redeten prophetisch im Lager.
27 Ein junger Mann lief zu Mose und berichtete ihm:
Eldad und Medad sind im Lager zu Propheten geworden.
28 Da ergriff Jósua, der Sohn Nuns, der von Jugend an der Diener des Mose gewesen war,
das Wort und sagte: Mose, mein Herr, hindere sie daran!
29 Doch Mose sagte zu ihm: Willst du dich für mich ereifern?
Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde,
wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!
Zweite Lesung aus dem Jakobusbrief. Jak 5, 1–6
1 Ihr Reichen, weint nur und klagt über das Elend, das über euch kommen wird!
2 Euer Reichtum verfault und eure Kleider sind von Motten zerfressen,
3 euer Gold und Silber verrostet. Ihr Rost wird als Zeuge gegen euch auftreten
und euer Fleisch fressen wie Feuer. Noch in den letzten Tagen habt ihr Schätze gesammelt.
4 Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder abgemäht haben,
der Lohn, den ihr ihnen vorenthalten habt, schreit zum Himmel; die Klagerufe derer,
die eure Ernte eingebracht haben, sind bis zu den Ohren des Herrn Zebaoth gedrungen.
5 Ihr habt auf Erden geschwelgt und geprasst
und noch am Schlachttag habt ihr eure Herzen gemästet.
6 Verurteilt und umgebracht habt ihr den Gerechten, er aber leistete euch keinen Widerstand.
Aus dem heiligen Evangelium nach Markus. Mk 9, 38–43.45.47–48
In jener Zeit – und das ist HEUTE –
38 sagte Johannes, einer der Zwölf, zu Jesus:
Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb;
und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.
39 Jesus erwiderte: Hindert ihn nicht! Keiner, der in meinem Namen eine Machttat vollbringt,
kann so leicht schlecht von mir reden.
40 Denn wer nicht gegen uns ist, der ist für uns.
41 Wer euch auch nur einen Becher Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört –
Amen, ich sage euch: Er wird gewiss nicht um seinen Lohn kommen.
42 Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser,
wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.
43 Wenn dir deine Hand Ärgernis gibt, dann hau sie ab;
es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen,
als mit zwei Händen in die Hölle zu kommen, in das nie erlöschende Feuer.
45 Und wenn dir dein Fuß Ärgernis gibt, dann hau ihn ab; es ist besser für dich,
lahm in das Leben zu gelangen, als mit zwei Füßen in die Hölle geworfen zu werden.
47 Und wenn dir dein Auge Ärgernis gibt, dann reiß es aus;
es ist besser für dich, einäugig in das Reich Gottes zu kommen,
als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden,
48 wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.
Was für ein Seufzer, den Moses da von sich gibt, als er zu seinem Stellvertreter Josua spricht: „Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“ Auf zwei Älteste, Eldad und Medad, die nicht nach der Ordnung im Offenbarungszelt waren, hatte JHWH seine Ruach, seinen Geist gelegt.
Der Name Eldad bedeutet: „von Gott geliebt und „er-zählt“ in seinem Namenswert: 1-30-4-4 = 39 – die Zahl für das Bekenntnis JHWH EChAD = JHWH ist EINZIGER. Der Name Medad „er-zählt“: 40-10-4-4 = 58 = Kabod JHWH = JHWHs Herrlichkeit. Eldad und Medad bezeugen also den EINZIGEN JHWH und seine HERRLICHKEIT – auch außerhalb der bisherigen Offenbarungsordnung.
Ein Seufzer des Moses, den wir alle ausstoßen können, um HEUTE zu sagen: Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr durch Synodalen Prozess seinen Geist auf sie alle legte!
Der Seufzer des Moses ist ein Ausdruck der geistigen Weite, der die einengende Ordnung überwinden soll. Das „ganze Volk“, das Mose sich als geistbegabt wünscht, beinhaltet sowohl alle Männer als auch alle Frauen und Kinder… Geistige Weite – Geistbegabte – Menschen im Besitz des Heiligen Geistes wünscht sich Mose also für alle im Volk. Ein Wunsch, den unsere Kirche im Sakrament der Taufe und Firmung zwar sakramental vollzieht, aber vor lauter „Ordnung“ oft nicht wirklich weiter ausführt – als könnten z.B. Frauen weniger vom Heiligen Geist erfüllt sein, weniger Älteste, Diakonin, Priesterin sein als Männer
Moses hält sich zwar an die Ordnung mit den 70 Ältesten, die Gott mit demselben Geist erfüllt wie Moses. Aber sein Blick geht über diese Ordnung hinaus. Denn der Geist Gottes ist größer. Schließlich weht der Geist wo er will. Sogenannten „Ordnungshütern“, Traditionalisten fehlt oft die Weite; sie sind gefangen in ihrer Ordnung. Die Älteren unter uns erinnern sich bestimmt noch an die frühere Ordnung, dass Mädchen keine Messdienerinnen sein durften oder nur geweihte Männer die Kommunion austeilen konnten.
Da niemand Gott je gesehen hat (Joh 1,18) ist alle Ordnung immer von
Menschen gemacht – nicht von Gott, auch wenn SEIN Geist trotz dieser eingeengten Männer-Ordnung etwas bewirken kann. Aber SEIN Geist ist größer. Denn er will gerade durch den Geist jeden einzelnen Menschen zu einem „Gottgesandten Geistträger machen.
Das zeigt uns auch das Beispiel aus dem heutigen Evangelium. Der Apostel Johannes, der eine bestimmte Ordnungsvorstellung hat, beklagt sich bei Jesus: „Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten, ihn daran zu hindern, weil er uns nicht nachfolgt.“ Seine Beschwerde macht deutlich: es geht Johannes nicht in erster Linie darum, dass jemand in Jesu Namen Dämonen austrieb – also Menschen von falschen und bösen Vorstellungen befreite – sondern nur um die frühkirchliche Ordnung „weil er uns nicht nachfolgt.“ Jesus, also der befreiende Christus, ist für Johannes nicht so wichtig, sondern nur – wie er sagt – „unsere Ordnung“.
Wie oft haben Christen als Ordnungshüter den befreienden Dienst und den befreienden Glauben „wegen der Ordnung“ zunichte gemacht; und auch oft das „gläubige Volk dazu erzogen“ um der Ordnung willen, Grenzen zu ziehen, Beziehungsmauern zu errichten und bei Nichtbefolgung der Ordnung Menschen zu exkommunizieren. Wie oft sind wir vielleicht selbst Diener/innen von Ordnung gewesen und nicht Diener/innen des befreienden Christus. Der Mensch aber ist nicht für die Ordnung da, sondern die Ordnung für den Menschen.
Es ist auffällig, dass der Evangelist Markus Jesus nicht sagen lässt: „…weil ihr zu Jesus gehört…, sondern: „weil ihr zu Christus gehört“. Jesus sieht sich als Christus aller Zeiten für alle Menschen – entsprechend den Worten des Moses: „Wenn nur das ganze Volk des Herrn zu Propheten würde, wenn nur der Herr seinen Geist auf sie alle legte!“ Christus ist mehr als Jesus. Darum sind wir ja auch alle Christinnen und Christen.
Darum empfangen wir nicht „den Leib Jesu“, sondern den Leib Christi. Wir sind Christen: Menschen in der Liebesordnung Gottes, des Vaters. Wir sollen nicht Jesus imitieren, sondern den Geist Christi in uns leben lassen – den Geist der Weite! Einer Weite, die oftmals eingegrenzt ist. Darum sagt Jesus: „wenn dir deine Hand Ärgernis gibt, dann hau sie ab; es ist besser für dich, verstümmelt in das Leben zu gelangen.“ Ja, in uns lebt ein Geist der Weite – aber oft sind wir innerlich gefangen vom Kleingeist der Ordnung – die uns so „angewachsen“ ist, scheinbar so zu uns gehört wie eine Hand – die aber „Ärgernis“ gibt. Mit diesem drastischen Bild sagt Jesus: es geht in unserem Denken nicht um physische Schmerzen, sondern seelischen Ärger – wegen unfrei machender Ordnungsvorstellungen, von denen wir uns lossagen müssen.
Jesus benutzt drastische Symbolbilder, um deutlich zu machen, dass es Ordnungen gibt, die ein Ärgernis sind, und zwar so, dass es für den „Ordnungshüter“ besser wäre, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde, weil seine Ordnung nicht befreit, sondern Leben einengt, unterdrückt und zerstört. Es gibt Ordnungen, die das Leben geradezu ersticken. Und zwar nicht nur in der Kirche. In der Wirtschaft heißt diese Ordnung „Bürokratie“.
Der Geist Gottes will keine Menschen hervorbringen, die froh sind, weil sie der Ordnung gedient haben, sondern der Geist Gottes will Menschen dazu befähigen, eigenverantwortlich in der Liebe Gottes zu leben – einer Liebe, die auch liebt, wenn man Fehler gemacht hat, ja Böses tat, eine Ordnung der „Trotzdemliebe“! Eine Liebe, die weitergehen kann – so wie Jesus in der Liebe weiter ging.. Das ist für „eingefleischte“ Ordnungsfanatiker so, als müsse man sich von einer Hand, einem Fuß, einem Auge trennen. Es kann sehr wehtun, als Christ, als Christin mit Weite glauben zu wollen. Da sagen einem selbst die Apostel (und heute ihre Nachfolger) geradezu bedrohlich: „…weil er/ weil sie uns nicht nachfolgt.“
Wer in der Weite des Geistes Christi denkt und sein Leben gestaltet, der soll ganz tief im Herzen wissen und Christi Wort vertrauen: „Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Das kann wehtun, weil man gegen Menschenordnungen verstoßen muss – wogegen die Ordnungshüter sich natürlich wehren. Denken wir an Jesus, Paulus, Galileo Galilei, Sophie Scholl, Bonhoeffer, Martin Luther King,
Nawalny, usw. …
Wer Jesus glaubt, weiß: Jesus Christus ist immer für uns!
Kein leichtes Wissen, aber befreiend für wahres Menschsein!
Ferdinand Rauch / www.rauch-signale.de