Erste Lesung aus dem Buch Jesus Sirach. Sir 24, 1–2.8–12 (1–4.12–16)
1 Die Weisheit lobt sich selbst und inmitten ihres Volkes rühmt sie sich.
2 In der Versammlung des Höchsten öffnet sie ihren Mund
und in Gegenwart seiner Macht rühmt sie sich:
8 Der Schöpfer des Alls gebot mir, der mich schuf, ließ mein Zelt einen Ruheplatz finden.
Er sagte: In Jakob schlag dein Zelt auf und in Israel sei dein Erbteil!
9 Vor der Ewigkeit, von Anfang an, hat er mich erschaffen und bis in Ewigkeit vergehe ich nicht.
10 Im heiligen Zelt diente ich vor ihm, so wurde ich auf dem Zion fest eingesetzt.
11 In der Stadt, die er ebenso geliebt hat, ließ er mich Ruhe finden,
in Jerusalem ist mein Machtbereich,
12 ich schlug Wurzeln in einem ruhmreichen Volk, im Anteil des Herrn, seines Erbteils.
Zweite Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Éphesus. Eph 1, 3–6.15–18
3 Gepriesen sei Gott, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus.
Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet
durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel.
4 Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Grundlegung der Welt,
damit wir heilig und untadelig leben vor ihm.
5 Er hat uns aus Liebe im Voraus dazu bestimmt,
seine Söhne und Töchter zu werden durch Jesus Christus
und zu ihm zu gelangen nach seinem gnädigen Willen,
6 zum Lob seiner herrlichen Gnade. Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn.
16 Darum höre ich nicht auf, für euch zu danken, wenn ich in meinen Gebeten an euch denke;
denn ich habe von eurem Glauben an Jesus, den Herrn,
und von eurer Liebe zu allen Heiligen gehört.
17 Der Gott Jesu Christi, unseres Herrn, der Vater der Herrlichkeit,
gebe euch den Geist der Weisheit und Offenbarung, damit ihr ihn erkennt.
18 Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr versteht,
zu welcher Hoffnung ihr durch ihn berufen seid,
welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt.
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes. Joh 1, 1–5.9–14. 18
1 Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.
2 Dieses war im Anfang bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist.
4 In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
10 Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden,
aber die Welt erkannte ihn nicht.
11 Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden,
allen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches,
nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes
vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.
18 Niemand hat Gott je gesehen.
Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.
SONNTAGSGEDANKEN
Der heutige Evangelientext ist das „eigentliche“ Weihnachts-evangelium! Aber irgendwie kommt es nicht gegen die bildnerische Gestaltung der Krippen und ihrer Figuren und Bilder an. Die scheinbar abstrakte Redeweise entspricht nicht den gefühlvollen Weihnachtsdarstellungen, mit denen wir von Kindheit am Weih-nachtsfest vertraut gemacht wurden. Schade! Denn allein dieser Evangelientext macht deutlich, wie Gott ohne Durchbrechung der Natur(-gesetzte) Mensch wurde: nämlich durch das Wort. Es dringt in uns ein und verletzt nicht die Jungfräulichkeit.
Die meisten Gläubigen haben nie bedacht, dass sie ohne Worte niemals von Gott erfahren hätten. Ohne Worte würden sie sogar das Wort „GOTT“ gar nicht kennen. Nur durch Worte können wir von Zuständen, inneren Erfahrungen wie Träumen oder nicht anwesenden unerreichbaren Dingen sprechen, die uns sozusagen nur durch mündliche oder schriftliche Worte erst „nahegebracht“ werden. Oder wie sonst kann ein Außenstehender z-B. von einem Traum erfahren oder von Gedanken und Überlegungen unserer Dichter und Denker? Es gäbe keine Geschichten, keine histori-schen Berichte, keine Geschichtsschreibung, die uns das erlangte Erkennen und Wissen unserer Vorfahren übermitteln könnten. Ohne Worte gäbe es gar keine Bibel, kein Neues Testament und kein Wissen über Jesus von Nazareth.
Darum stellt der Evangelist Johannes seinem Evangelium voran: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen.“
Ganz unabhängig von Glauben und Religion können wir fest-stellen: Weihnachten gibt es nur, weil Menschen - wie z.B. Joseph und Maria - Worte in sich aufnahmen und mit diesen Worten lebendig umgingen: „Josef tat, was der Engel des Herrn ihm (durch Worte) aufgetragen hatte.“ (Mt 1,24) Und Maria sprach: „…mir geschehe, wie du es gesagt hast. (LK 1,38) Die Geburt Gottes geschieht also durch das Wort mit dem Inhalt: GOTT MIT UNS! …, welches wir Menschen hören, mit Staunen aufnehmen können, damit froh leben und unser Leben gestalten. Leben wir mit Gottes Wort? Johannes sagt dazu: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Worte sprechen von etwas Nicht-Sicht-barem – Unbeweisbarem in uns! Gott lebt durch sein Wort in uns!
Das Wortgeschehen, das von etwas Unbeweisbarem (Transzenden-tem) spricht, lässt den Evangelisten Johannes daher schreiben: „Niemand hat Gott je gesehen.“) … und sagt dann von Jesus auch „nur“: … „er hat Kunde gebracht.“ (Joh 1,18) Auch Jesus brachte keine Beweise, sondern allein Worte, die er selbst lebte und – als in IHM lebendig gewordene Worte – als Licht anerkannt wurden; als eine Botschaft, in der Leben war: „das Licht der Menschen“ – wie Johannes „ver–kündet“.
Darum sagt Johannes in einzig wahrer Weise über Gott aus: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ Gott lebt durch sein Wort in uns! Ist das nicht großartig?
Aber vor lauter „weihnachtlicher Bildermacherei“ wird unser Weih-nachtsfest oft so „ver–äußerlicht“, dass vom lebendigen Wort, das an uns geschehen soll, kaum was übrigbleibt. Weihnachten ist an-geblich nur dann, wenn es in der Weihnachtsbäckerei weihnacht-lich duftet und die Weihnachtsgans oder der Weihnachtsbraten schmeckt, der Weihnachtsmann kommt und alles mit Schlitten-, Rentierfiguren und LED-Schneeflockenglitzer dekoriert ist. Schon der Evangelist erfuhr vor 2000 Jahren: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ „ER“ - das ist Sein Wort.
Dagegen aber stellt er die Frohe Botschaft des Wortes Gottes: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.“ Wie einfach, wie leicht und doch wie unübertroffen sinnvoll ist Gottes Wort – Sein Name: ICH BIN BEI EUCH, der uns ewige Geburt und damit „Leben in Gott“ schenkt. Ferdinand.Rauch / www.rauch-signale.de